Die Retrospektive

Eine Retrospektive ist ein Treffen, das ein Team am Ende einer Iteration abhält, um Erfolge und Misserfolge sowie zukünftige Verbesserungen zu besprechen. Man kann nie wissen, ob das, was man heute gelernt hat, morgen noch nützlich sein wird. Steve Jobs nannte es "connecting the dots". Iteratives Lernen und kontinuierliche Verbesserung (Kaizen) hilft schnell, Schlüsselprobleme zu identifizieren und Wege zu finden, sie zu beseitigen. Retrospektiven ermöglichen es dem Team, regelmässig kleine Verbesserungen vorzunehmen und diese kontrolliert und sofort anzuwenden. Das Ziel von Retrospektiven ist es, Teams zu helfen, ihre Arbeitskultur zu verbessern.

Nutzen und Vorteile von Retrospektiven

Eine Retrospektive funktioniert wie eine Feedback-Schleife. Nach einer gewissen Zeit (Iteration) schaut man sich Prozesse und die Zusammenarbeit im Team an. Das Ziel ist es, Hürden schneller zu erkennen und Lösungen zu finden für folgende Themen:

  • Zusammenarbeit im Team
  • kontinuierliche Verbesserung der Arbeitsabläufe
  • Frust erkenne/vermeiden/auflösen
  • Raum, um Themen im Team offen anzusprechen
  • Als Team stärker zusammenwachsen

Retrospektiven sind das Kernelement von Agilität

Agile Methoden setzen auf einen regelmässigen, evolutionären Verbesserungsprozess gemäss des Prinzips von „Inspect & Adapt“ (prüfen und anpassen).

Deshalb ist es für Agilität entscheidend, in einem festen Rhythmus gemeinsam kritisch auf die bisherige Zusammenarbeit und das Ergebnis zu blicken. In der Retrospektive bespricht das Team Unzufriedenheiten offen an und entwickelt gemeinsam Massnahmen zur Verbesserung in der Zusammenarbeit und bezüglich des Prozesses.

Wie oft findet eine Retrospektive statt?

Die meisten erfolgreichen agilen Teams führen nach jeder Iteration, also alle 2–4 Wochen, Retrospektiven durch. Es ist ratsam, Team-übergreifende Retrospektiven in einem grösseren Zeitabstand durchzuführen, z.B. alle 3–6 Monate.

Wie lange dauert eine „Retro“?

Der Zeitbedarf für eine Retrospektive variiert, je nach Dauer der Iteration. Als Faustregel gilt 1h pro Iterationswoche. Es ist wichtig, das Team bei der Zeitplanung und der sinnvollen Nutzung der Zeit mit in die Verantwortung zu nehmen.

Wer nimmt teil?

Der Termin ist für das gesamte Team gedacht und ist ein „geschützter Raum“. Das Team kann also offen über interne Probleme sprechen. Es kann sinnvoll sein, den Teilnehmerkreis zu erweitern, wenn Probleme mehr Beteiligte betreffen und gemeinsam an der Verbesserung gearbeitet werden soll.

Fünf Phasen einer Retrospektive

  1. Rahmenbedingungen schaffen. Zuerst werden die Voraussetzungen für eine offene Atmosphäre geschaffen. Die Teilnehmer sollen sich wohl dabei fühlen, offene Punkte zu diskutieren. Dabei gilt die Annahme, dass jeder die bestmögliche Arbeit geleistet hat, die er oder sie leisten konnte, und zwar unabhängig davon, welche offenen Punkte identifiziert werden.
  2. Informationen sammeln. In dieser Phase werden zunächst alle Themen zu Fragen gesammelt wie „Was ist seit der letzten Retrospektive gut oder nicht erwartungsgemäss gelaufen? Welche handfesten Daten liegen dafür vor?“. In diese Phase gehören auch die Ergebnisse der Massnahmen aus der letzten Retrospektive. Abschliessend werden Kategorien der eruierten Probleme gebildet und Prioritäten bestimmt, welcher Themenkategorie das Team sich im weiteren Verlauf widmen möchte.
  3. Erkenntnisse entwickeln. In dieser Phase identifizieren Teams normalerweise, warum Dinge geschehen sind, damit nicht nur Massnahmen für die Symptome entwickelt, sondern die tatsächlichen Ursachen identifiziert werden.
  4. Entscheiden, was zu tun ist. Jetzt werden aus den Einsichten gemeinsam konkrete Verbesserungsmassnahmen beschlossen. Die Massnahmen sollten SMART sein. Das heisst sie sind
    - spezifisch, weil sie eindeutig sind.
    - messbar, weil man in der nächsten Retrospektive anhand con Daten feststellen, kann ob sie umgsetzt wurden.
    - assignable, weil sie von einer Person als Aufgabe gezogen wurden.
    - relevant, weil sie vom Teams als grösster aktueller Verbesserungshebel gesehen werden.
    - terminiert, weil sie bis zur nächsten Retrospektive umsetzbar sind.
  5. Abschluss. Zu guter Letzt wird die Retrospektive abgeschlossen. Die Ergebnisse werden dokumentiert und die nächsten Schritte geplant.
    Die Teilnehmenden werfen einen kurzen Rückblick auf die Retrospektive selbst: „Mit welchem Gefühl gehen wir aus dem Termin? Haben wir die Zeit sinnvoll investiert? Was können wir nächstes Mal besser machen? Was soll beibehalten werden?“ Das erlaubt dem Moderator, die nächste Retrospektive zu verbessern.
Ablauf einer Retrospektive
  • Was ist in der letzten Iteration gut gelaufen?
  • Was könnte in Zukunft verbessert werden?
  • Welche Massnahmen können wir für eine Optimierung in der nächsten Iteration umsetzten?

Arten von Retroboards

Damit die Teilnehmer einer Retrospektive motiviert werden, sich aktiv in die Unterhaltung einzubringen, ist es ratsam das Retroboard kreativ zu gestalten.

Beispiele für kreative Retro-Boards

Retro-Idee: Mad Sad Glad
Thema: “mad sad glad” (wütend, traurig, froh)
Retro-Idee: Freeclimbing
Wie sehen meine Kraftreserven aus? Was gibt mir Halt? Wo sehe ich Gefahren?
Retro-Idee: Ich baue mir meinen Scrum Master
Weshalb nicht mal den Scrum Master ins Visier nehmen?
Retro-Idee: Gebremst hat mich...
Was war 👍 und was war 👎.

Standard

  • Was haben wir gut gemacht?
  • Was haben wir gelernt?
  • Was müssen wir künftig anders machen?
  • Was haben wir noch nicht verstanden?

Start - Stop - Continues

  • Womit müssen wir beginnen?
  • Womit müssen wir aufhören?
  • Was müssen wir fortsetzen?

Funktioniert...

  • Funktioniert einigermassen: Dinge, die eigentlich gut liefen, aber noch verbessert werden müssen.
  • Funktioniert gut: Alles was wirklich gut lief.
  • Funktioniert nicht gut: Alles, was nicht zu einer positiven Iteration beiträgt.