Im Herbst erkannte das Winterthurer Management die Zeichen der Krisenzeit und engagierte mit Won-Chul Paek einen Regisseur mit Meisterformat. Die Präsenz des brillanten Südkoreaners bewirkte jene Qualitätssteigerung, die zum Cupsieg und am Donnerstag zum achten Meistertitel führte.

Der vorzügliche Draht zum koreanischen Altmeister Jae-Won Kang machte sich für Pfadi abermals bezahlt. Dass Paek, ein Mittelmann solcher Klasse, Bundesliga-Offerten ausschlug und seinen Vertrag in Winterthur im Februar sogar vorzeitig verlängerte, ist bemerkenswert. Als Paek Anfang Dezember bei seinem Debüt im Spiel gegen Wacker mit zehn Treffern in Erscheinung trat, rang Pfadi als Tabellenfünfter noch um einen Platz im Playoff-Feld. Einige Wochen und viele Paek-Tore später hatten sich die Pfader wieder in den Top 4 eingereiht.

Die Prognose des Handball-Experten der Winterhurer Zeitung "Der Landbote", Won-Chul Paek sei im Begriff, die Geschichte der Qualifikation umzuschreiben, erwies sich als zutreffend. Zusammen mit dem wurfgewaltigen Linkshänder Chi-Hyo Cho bildete Paek das mit Abstand beste Aufbauerduo der Swiss Handball League. In seiner Art, das Spiel mit feinen Pässen und genialen Soloaktionen zu prägen, erinnert der kleingewachsene Asiate stark an seinen Mentor und Manager Kang.

Nichts spricht dagegen, dass der mit gegen 1,9 Millionen Franken (Gesamtverein) operierende Branchenleader im Soge Paeks eine ähnliche Meister-Dynastie begründen kann wie zwischen 1994 und 1998 mit Kang zu seiner Blütezeit. Dazu bedarf es aber der Zusage Chos, den Vertrag zu erfüllen und damit die wirtschaftlich bedingten, schlechteren Konditionen zu akzeptieren.

Weiter wird entscheidend sein, ob vereinseigene Nachwuchsleute wie der Linksaussen Manuel Liniger, Kreisläufer Erich Studer, Allrounder Raphael Liniger und Samuel Lieberherr am rechten Flügel weiter an Einfluss zu gewinnen vermögen. Sie rechtfertigten bislang den beträchtlichen Aufwand, den Pfadi im Nachwuchssektor betreibt. 250 000 Franken investiert der Champion jährlich. Titelgewinne der U21- und 17-Auswahl zeugen von vorzüglicher Arbeit.

Im Championat 2002/2003 haben Spieler mit gegenwärtig weniger klangvollen Namen die hohen Anforderungen wenigstens im zweiten und wichtigeren Teil erfüllt. Eine ähnliche Einschätzung trifft auf die Torhüter zu. Pascal Stauber und dessen Stellvertreter Jürg Langhard lieferten langezeit nur spärlich Argumente, das Vorurteil zu entkräften, Winterthur scheitere auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidiung in erster Linie an einem Goalie-Problem.

Erst im Playoff trumpfte Stauber auf. Seine Paraden bedeuteten in den physisch geprägten Duellen mit Kadetten Schaffhausen und Wacker Thun die minime Differenz zur SHL-Konkurrenz. Manager Ernst Liniger wird sich deshalb eher drei- als zweimal überlegen müssen, ob es sich nicht doch lohnen könnte, den fraglos talentierten Keeper trotz teils massiver Kritik weiter zu beschäftigen.

Zentral wird nach der Wiederholung des letztjährigen Meisterstreichs auch die Frage sein, ob Goran Perkovac Trainer bleibt. Das Budget erlaubt es dem Titelhalter nicht mehr, den erfolgsgewohnten Kroaten im bisherigen Rahmen zu honorieren. Und Vereinspräsident Stefan Schärer deutete in einem Interview in der NZZ an, intern auch schon einmal eine Lösung ohne Perkovac diskutiert zu haben.

Sportlich haben die Pfader mit Ausnahme der verpassten Champions-League-Qualifikation alle Ziele erreicht. Auf wirtschaftlichem Parkett gelang ihnen parallel zur Ankunft auf dem Gipfel der SHL ein ebenso bedeutender Wurf: Die seit sieben Jahren bestehende Partnerschaft zwischen den Winterthur Versicherungen und wurde bis 2007 verlängert. Die Zuschüsse werden leicht gekürzt und mit mehr leistungsbezogenen Elementen verknüpft. Die Erneuerung des Sponsorings ist jedoch als Bekenntnis zum Spitzenhandball auf dem dem Platz Winterthur zu verstehen.

Der Meister in Zahlen

Pfadi Winterthur. -- 1938 gegründet. -- Nationales Palmarès: 1992, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 2002 und 2003 Meister. 1998 und 2003 Cupsieger. -- Kader der Saison 2002/2003. Goal: Pascal Stauber (Jahrgang 79), Jürg Langhard (79). Feld: Gabor Vass (73/Un), Stephan Fehr (82), Manuel Liniger (81), Lorenz Moser (77/Rücktritt im Januar), Patrik Dieffenbach (75), Samuel Lieberherr (80), Simon Schiegg (83), Oliver Scheuner (85), Raphael Liniger (83), Chi-Hyo Cho (70/SKor), Mulele Kipili (84), Mathias Oltmanns (81), Thomas Gautschi (76), Branko Angelovski (77/Maz/Ende Dezember Transfer zu Badel Zagreb), Erich Studer (80), Won-Chul Paek (77/SKor). -- Trainer: Goran Perkovac (Kro/seit 2001). -- Manager: Ernst Liniger (seit 1993).

von Sven Schoch, Quelle: https://bit.ly/3cayr2U